Ein Theaterprojekt von Maximilian Sachsse und Guido VerstegenAuf dem Weg? Fortgegangen? Heimgegangen? Angekommen? Noch da? Schon weg? Wieder zurück? Der Tod eines Jedermanns. Er schließt ein letztes Mal die Augen. Die Zeit steht still, bis seine Geschichte zu Ende erzählt ist.
Ein Mann, 70 Jahre alt, liegt in einem weißen Krankenhauszimmer. Es ist 14.00 Uhr Ortszeit, es geht ein leichter Südostwind. In dem Zimmer hängt eine billige Dali-Kopie. Auf dem Gang schreit ein kleines Kind, im Zimmer nebenan läuft die Kaffeemaschine über, in diesem Moment spielen sich Milliarden von Geschichten ab.
Es gibt kein Wort, das die Schwelle zwischen Leben und Tod treffend beschreibt. Es ist eine einzige Sekunde. Ein Moment zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Es heißt, dass im Moment des Sterbens noch einmal das ganze Leben an uns vorbei zieht.
Der Tote ersteht wieder auf und erzählt seine Geschichte. Reflektiert. Sein Sohn steht an seinem Bett – er kommt aufs Neue an die Weggabelungen, an denen er ohne den Vater eine andere Richtung eingeschlagen hätte. Seine Enkelin steht an seinem Bett – sie erlebt aufs Neue all die Momente, in denen ihr der Großvater so viel beigebracht hat. Über die Vergangenheit, über das Leben, über die Menschen.
Es entsteht ein Moment, der eigentlich nicht existiert. Ein Moment, über den wir so gut wie nie nachdenken. Ein ergreifender Moment. Ein Moment, der uns unerwartet – schmerzlich und heilend zugleich – so viel offenbart. Über uns, den Menschen im Kosmos. Über den Sinn unseres Daseins.
Als Inspiration für ihre Stückentwicklung diente Maximilian Sachsse und Guido Verstegen das Bild „Laokoon“ von El Greco (1541-1614). Es zeigt einen unendlichen Moment, der nicht durch den Ort oder das Licht zeitlos bzw. überzeitlich wird, sondern durch die Menschen in dem Bild: Ihre angestrengten und überstreckten Körper sind fast tot. Der Künstler findet den Nullpunkt zwischen Leben und Tod, zwischen Liebe und Hass, zwischen Gott und Teufel, zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.
Unser Jedermann/Laokoon kann keine Entscheidung mehr treffen, da ihm die Kraft fehlt. Es bleibt der leere Blick, hinter dem ein ganzes Leben wie in einem Kinofilm noch einmal vorbei zieht.Schauspieler: Eva Gottschaller, Guido Verstegen, Ulf-Jürgen Wagner
Konzept: Maximilian Sachsse, Guido Verstegen
Dramaturgie: Lyla Cestier
Technische Umsetzung: Wolf Romberg
Regie: Maximilian Sachsse
19.10 EUR
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Zwischen den Welten in München
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